Risiken bei der Verabreichung einer Chemotherapie in der onkologischen Ambulanz

Redaktionsteam VascuFirst

Zu viele Patienten erhalten in der onkologischen Ambulanz ihre Chemotherapie. Pflegekräfte sind dabei einem Umfeld mit erheblicher Gesundheitsbelastung ausgesetzt, da Zytostatika bei der Krebsbehandlung eingesetzt werden. 

PFLEGEBELASTUNG IN DER ONKOLOGISCHEN AMBULANZ: KREBSINZIDENZ UND ANZAHL DER BEHANDELTEN PATIENTEN 

Nach Angaben des Global Cancer Observatory erreichte die Zahl der weltweit neu diagnostizierten Krebsfälle im Jahr 2020 18,1 Millionen Fälle.1 Parallel dazu ist in den letzten Jahren ein Anstieg der Zahl ambulanter Chemotherapie-Behandlungen zu verzeichnen. Gründe hierfür sind unter anderem die Tatsache, dass sich die Chemotherapie weiterentwickelt hat und ständig neue Medikamente auf den Markt kommen. 

Bei zahlreichen Tumoren, für die bisher keine medikamentöse Behandlung möglich war, haben die therapeutischen Indikationen zugenommen. Darüber hinaus entstehen nicht-chemotherapeutische Medikamente, die die Verträglichkeit verbessern und die Toxizität dieser Behandlungen kontrollieren. Auch die Zahl der Behandlungen ist gestiegen.2 

Demzufolge ist ebenfalls die durchschnittliche Zahl der Patienten, die die Einrichtungen aufsuchen, gestiegen. Beispielsweise gibt das SEOM (Spanish Society of Oncological Medicine) in seiner Umfrage unter spanischen onkologischen Tageskliniken (anhand einer Stichprobe von 52 Zentren)3 an, dass die durchschnittliche Anzahl der behandelten Patienten pro Tag etwa 50 beträgt. Des Weiteren sind die Mitarbeiter auch für andere, ebenso bedeutsame Aufgaben verantwortlich wie z.B. Pflegeevaluationen in der Beratung, psychologische Betreuung, ehrenamtliche Bürgeraktivitäten sowie Forschung. 

DURCHFÜHRUNG DER CHEMOTHERAPIE UND DEREN GEFAHREN  

Trotz der in den letzten Jahren zu beobachtenden Verbesserung des Arbeitsschutzes kommt es weiterhin zu Kontaminationen. Einschlägige Studien haben gezeigt, dass Personen, die biologisch gefährliche Medikamente (Zytostatika) verabreichen, insbesondere solche, die in Chemotherapien eingesetzt werden, einer echten Gefahr ausgesetzt sind.4 

Kontaminationen bei der Zytostatika Verabreichung 

Im Jahr 2016 kam eine Studie von Martín Lancharro et al., die eine umfassende Literaturrecherche (von 2010 bis 2015) durchführten, zu dem Ergebnis, dass weltweit verschiedene Arten von Kontaminationen bei der Verabreichung von zytotoxischen Medikamenten auftreten. 

Darüber hinaus ergab die Studie, dass dieses Problem nicht auf onkologische Ambulanzen beschränkt ist: Es wurde festgestellt, dass eine Kontamination durch Zytostatika an verschiedenen Standorten in Krankenhäusern weit verbreitet ist, wobei Cyclophosphamid das am häufigsten nachgewiesene Molekül ist.5 

Inwieweit sind medizinische Fachkräfte davon betroffen? 

Ein relevantes Beispiel ist die von Roufiol in Lyon durchgeführte Studie.6 Im Jahr 2014 führte er eine Analyse der Kontamination mit Doxorubicin und Cyclophosphamid bei 15 Pflegekräften durch, die etwa 30 Chemotherapien pro Tag durchführten: 

„Von den 60 analysierten Proben von Schutzhandschuhen wiesen 30,5 % Zytostatika-Reste auf.“ 

In ähnlicher Weise hat Ndaw zwischen 2008 und 2012 die zytotoxische Kontamination in 12 französischen Krankenhäusern gemessen (4 Krebszentren, 1 Universitätskrankenhaus, 5 Allgemeinkrankenhäuser und 2 Privatkliniken). 

„55 % der an der Studie teilnehmenden Krankenschwestern (n = 104) hatten positive zytotoxische Urinproben.“ 

Es ist sehr wichtig hervorzuheben, dass in diesen beiden Studien die Infusionssets zwischen den einzelnen Behandlungen gespült wurden. Das bedeutet, dass die Kontaminationsgefahr nicht durch einfaches Spülen der Infusionsleitungen beseitigt wird. Trotz Spülen wurden Rückstände von Zytostatika in den Infusionsleitungen nachgewiesen. Dazu können wir diesen Whitepaper empfehlen: Wirksamkeit des Spülens

Wie kommt es zu einer Kontamination?  

Die bei einer Chemotherapie verwendeten Infusionsleitungen können zur Freisetzung von Aerosolen und im schlimmsten Fall von Tröpfchen führen, wenn mit einem offenen System gearbeitet wird. Dazu gehören auch Luer-Lock Verbindungen. Freisetzungen können auch bei den Verbindungen zwischen Leitungen auftreten, z.B. bei der Dekonnektion. Es ist darauf zu achten, dass der Beutel mit dem Zytostatikum nicht mit dem Infusionsdorn durchstochen wird. Wegen der Auslaufgefahr dürfen in keinem Fall hängende Behältnisse angestochen werden.  

Welche Lösungen gibt es, um sich zu schützen? 

Am therapeutischen Einsatz von Zytostatika sind zahlreiche Fachleute aus unterschiedlichen Fachgebieten beteiligt. 

Während der Zubereitung: Pharmazeutisches Fachpersonal ist die am stärksten gefährdete Gruppe der Beschäftigten im Gesundheitswesen, da sie täglich mit einer großen Anzahl von Medikamenten arbeitet. Die Zubereitung der Zytostatika erfolgt unter besonderen Sicherheitsbedingungen in Reinräumen unter technisch geeigneten Sicherheitswerkbänken mit notwendiger Schutzkleidung, wenn es um biologisch gefährliche Substanzen geht. Allerdings kann es trotz hoher Sicherheitsvorschriften je nach Ressourceneinsatz der Apotheke dennoch zu Verunreinigungen bei der Zubereitung kommen. 

Während der Verabreichung: Untersuchungen zur Kontamination bei der Verabreichung legen nahe, dass die eingesetzten Ressourcen für die Sicherheit der Arbeitnehmer noch immer nicht ausreichen. Tatsächlich kommt die Ndaw-Studie zu dem Schluss:7 

„Es scheint, dass onkologisches Personal (Krankenschwestern, Pfleger und Gesundheitspersonal) häufiger exponiert ist als diejenigen, die in Apotheken arbeiten.“ 

Wie bereits erwähnt, stehen die Verbindungen zwischen den Leitungen im Fokus und die aktuelle Lösung besteht darin, spezielle Sicherheitsverschlüsse für die Infusion von Zytostatika zu verwenden. Diese Verschlüsse bzw. Verbindungen werden Closed System Drug-Transfer Devices genannt, besser bekannt unter der Abkürzung CSTD. Sie sind im Unterschied zum Luer-Lock-Standard im nicht-konnektierten Zustand verschlossen. Ein unbeabsichtigtes Auslaufen der Zytostatika ist daher nicht möglich. Erst beim Verbinden zweier CSTD-Konnektoren ist ein Fluss möglich. Die Bartel-Studie von 2017 präsentiert diesbezüglich sehr interessante Daten:8 

„In einer Gruppe von 13 US-Krankenhäusern betrug der Grad der antimitotischen Kontamination während der Verabreichung 78 %, wenn kein CSTD verwendet wurde. Diese Rate sinkt auf 2,6 %, wenn ein CSTD verwendet wird.“ 

Dies bedeutet eine Reduzierung der Kontaminationsrate um fast 97 %. Die gleiche Schlussfolgerung findet sich in der Rezension von Martín Lancharro. Tatsächlich reduzierte die Einführung eines CSTD-Systems die Kontaminationsrate um bis zu 95 %. Diese Reduktionsraten nahmen zu, je länger geschlossene Systeme genutzt wurden. 

CSTD-vs-estándar

Angesichts des erhöhten gesundheitlichen Risikos für medizinisches Fachpersonal, welches die Verabreichung von Zytostatika bei der Chemotherapie mit sich bringt, ist es wichtig, in regelmäßigen Abständen eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und Schutzmaßnahmen zur Vermeidung zu ergreifen. CSTD-Systeme sind ein wichtiger Bestandteil zur Erreichung eines angemessenen Sicherheitsniveaus zum Gesundheitsschutz. 

Mehr Informationen zu geschlossenen Sicherheitsapplikationssystemen finden Sie hier https://www.vygon.de/unternehmen/lp/onkologie-mit-qimono-gefahren-reduzieren/ 

Quellen 


  1. Global Cancer Observatory, Worldwide cancer data – World Cancer Research Fund International https://www.wcrf.org/cancer-trends/worldwide-cancer-data/ 
  1. Directorate of Nursing, Hospital Obispo Polanco; Oncology Nursing Unit document  
    http://www.opolanco.es/documentos/enfermeria/unidad-de-enfermeria-de-oncologia.pdf  
  1. Spanish Society of Oncological Medicine (SEOM); Day Hospital Book in Oncology – 2015 https://seom.org/seomcms/images/stories/recursos/Libro_Hospitales_Dia_en_Oncologia.pdf  
  1. Journal of Clinical Oncology – An American Society of Clinical Oncology Journal; Burnout and Career Satisfaction among US Oncologists – 2014 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3927737/ 
  1. Pablo Martín Lancharro et al., University Hospital of Santiago de Compostela; Evidence of exposure to cytostatic drugs in healthcare personnel. Hospital Pharmacy Vol. 40 No. 6 Toledo – Nov / Dec 2016 
    http://scielo.isciii.es/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S1130-63432016000600012&lng=es&nrm=iso&tlng=es  
  1. Catherine Roufiol et al., Groupement hospitalier Lyon; Administration of anticancer drugs: exposure in hospital nurses. Clinical Therapeutics / Volume 36, Number 3, 2014 https://www.clinicaltherapeutics.com/article/S0149-2918(14)00025-3/fulltext  
  1. Sophie Ndaw et al., Institut national de recherche et de sécurité pour la prévention des accidents du travail et des maladies professionnelles (INRS), Vandœuvre-lès-Nancy, France and Association interprofessionnelle de santé au travail de la Côte-d ‚ Or, Dijon, France; Healthcare workers and cytotoxic drugs. the place of biometrology in risk management over time, Évaluation des expositions professionnelles: un levier pour la prevention, 22 May 2018 | BEH 12-13 http://beh.santepubliquefrance.fr/beh/2018/12-13/pdf/2018_12-13.pdf  
  1. Sylvia B. Bartel et al., Pharmacy, Dana-Farber Cancer Institute, Boston, MA., Comprehensive Cancer Centre, Desert Regional Medical Centre, Palm Springs, CA, Power Enterprises, San Francisco, CA. 

Multicentre evaluation of a new closed system drug-transfer device in reducing surface contamination by antineoplastic hazardous drugs, Am J Health Syst Pharm, 15; 75 (4): 199-211 Feb 2018 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29339374/  

Link zum Originalbeitrag: https://vascufirst.com/safety-in-hd-administration/administration-chemotherapy-the-risks-in-odh-oncology-day-hospital/ 

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