PICC – Peripher eingeführter Zentralkatheter – Die wichtigsten Fakten

Dr. Linda J. Kelly

Obwohl Vascular Access Devices (VADs) zahlreiche Vorteile bieten, wird nach wie vor ein erhöhtes Komplikationsrisiko mit ihrer Verwendung in Zusammenhang gebracht. Die meisten Komplikationen, die nach dem Einsetzen auftreten, werden auf schlechte Pflegepraktiken zurückgeführt. Laut Ullman et al. (2016) sind viele solcher Komplikationen und Ausfälle vermeidbar. Broadhurst, Moureau und Ullman (2016) sind sich einig und behaupten, dass die Prävention von Komplikationen mit geeigneten, evidenzbasierten Praktiken möglich ist.

In den letzten Jahrzehnten hat es erhebliche wissenschaftliche Fortschritte in Technologie und Techniken im Bereich des vaskulären Zugangs gegeben. Diese Fortschritte betreffen sowohl die Insertionstechniken als auch das Post-Insertion-Management von Vascular Access Devices (VADs). Dazu gehören die Verwendung von nadelfreien Konnektoren, Sicherheitsvorrichtungen und Desinfektionskappen sowie mit Chlorhexidin imprägnierte Haftplatten und Verbänden (Apata et al., 2017; Kelly, Jones und Kirkham, 2017; Wang et al. 2019).

Um das Risiko von Komplikationen, Morbidität und Mortalität zu verringern, müssen Ärzte und Pflegepersonal, die VADs einsetzen, über die korrekte Anwendung und Pflege informiert und kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten werden. Darüber hinaus sollten Anwender mit den Strategien und Methoden vertraut sein, die zur Reduzierung von Komplikationen erforderlich sind (Gorski, 2021, Kelly, 2019).

Dieser Beitrag beinhaltet die wichtigsten Fakten zum PICC Katheter und wie sich dieser von anderen Langzeit-Gefäßzugängen unterscheidet.

Was ist ein peripher eingeführter Zentralkatheter? 

Ein peripher eingeführter Zentralkatheter, der üblicherweise als PICC bezeichnet wird, ist ein langer Schlauch aus Silikon oder Polyurethan.  Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei PICCs um einen zentral venösen Zugang, was bedeutet, dass die Spitze des Katheters in einer der großen zentralen Venen vor dem Herzen endet (siehe Abbildung 1). 

PICC-Katheter-Positionierung-1
Abbildung 1

PICCs sind in verschiedenen Varianten – ein-, zwei- und dreilumig – erhältlich.  Jedes Lumen von Multi-Lumen-PICCs sollte als ein eigenständiger Katheter behandelt werden. Das bedeutet, dass jedes Lumen über einen separaten Flüssigkeitsweg verfügt und Medikamente oder Flüssigkeiten nicht miteinander vermischt werden, wenn sie durch die einzelnen Lumen verabreicht werden (siehe Abbildung 2). Darüber hinaus sind einige PICCs hochdruckgeeignet und für die Verabreichung von Kontrastmitteln über eine Infusionspumpe geeignet. Zudem gibt es spezielle PICCs, die mit Substanzen inkorporiert sind, um das Risiko von infektiösen oder thrombotischen Komplikationen zu verringern.

Abbildung 2: Multi-Lumen-Katheter-Design 

Wie wird ein PICC eingesetzt? 

Die Insertion eines PICCs erfolgt in mehreren Schritten: 

  1. Lokalisierung einer geeigneten Vene: Unter Verwendung von Ultraschall wird eine Vene mit ausreichender Größe in der Mitte des Oberarms identifiziert (Dawson, 2015, Spencer und Mahoney, 2017).  Primär werden die Vena basilica oder die Vena brachialis verwendet. Sofern möglich, wird die Vena cephalica vermieden, da sie kleiner ist und einen schwierigeren Weg zur Vena axillaris aufweist.
  2. Aseptische Vorbereitung: Um maximale Barrieremaßnahmen zu gewährleisten, wird der Patient von Kopf bis Fuß steril abgedeckt. Der Anwender trägt eine Haube, einen Mund- und Nasenschutz, einen Kittel und sterile Handschuhe, um eine aseptische Umgebung sicherzustellen (Loveday, 20, 1, 4).
  3. Lokale Anästhesie: Unter Ultraschallkontrolle wird eine lokale Anästhesie, normalerweise 1% Lidocain, subkutan um den Bereich der Zielvene herum verabreicht. 
  4. Einführung des Katheters: Mit der Modifizierten Seldinger-Technik (MST) wird der Katheter entlang der Zielvene vorgeschoben, vorbei an der Vena axillaris und der Vena subclavia, bis die Spitze den unteren Bereich der oberen Hohlvene oder den oberen rechten Vorhof erreicht (Gorski et al., 2021) (siehe Abbildung 3). 
  5. Lokalisierung der Katheterspitze: Die Spitzenposition eines PICCs ist wichtig zur Vermeidung von thrombotischen Komplikationen. Die Lagekontrolle erfolgt z. B. durch Röntgen oder EKG-Ableitung. Es muss sichergestellt sein, dass die Spitze des Katheters frei im Blutkreislauf in einer großen Vene und parallel zur Venenwand liegt.  Der Katheter sollte nicht mehr als 1/3 der Vene einnehmen, um einen maximalen Fluss um den Katheter herum zu ermöglichen. Dieser Ansatz stellt sicher, dass physikalische und chemische Schäden an den Innenwänden der Vene minimiert werden (Spencer und Mahoney, 2017). 

Die Insertion eines PICCs erfolgt in Deutschland in der Regel durch Radiologen, Anästhesisten oder speziell ausgebildetem Fachpersonal. In europäischen Nachbarländern gehören Vascular Access-Teams zum Standard, bei denen PICCs außerhalb der Radiologie am Bett mithilfe von Ultraschall und EKG-Ableitung platziert werden.

Insertion-einer-PICC-line--Wo-liegt-die-Katheterspitze-
Abbildung 3: Katheter-Spitzenposition 

Was ist der Unterschied zwischen einem PICC und einem getunnelten, zentralvenösem Katheter?

Der Hauptunterschied zwischen einem PICC und einem getunnelten, zentralvenösem Katheter liegt in der Lage der Austrittsstelle des Katheters aus dem Körper (siehe Abbildung 4). Die Spitze des Katheters befindet sich bei beiden an der gleichen Stelle. Anstatt am Arm zu enden, hat der getunnelte Katheter einen Eintrittspunkt an den Venen der Brust oder des Halses (innere Halswirbelsäule oder Schlüsselbein) und eine Austrittsstelle an der Brust. Unter bestimmten Umständen kann ein teilimplantierter Katheter in den Rücken oder über die Vena femoralis in den Oberschenkel getunnelt werden.

Getunnelter-zentralvenöser-Zugang
Abbildung 4: zentralvenöser, getunnelter Zugang 

Unterschied zwischen PICC und Totally Implanted Vascular Access Device (TIVAD)?

Ein TIVAD (Port) ähnelt eher einem teilimplantierten, getunnelten Katheter als einem PICC. Auch hier endet die Spitze eines TIVAD im unteren SVC oder im oberen rechten Vorhof (siehe Abbildung 5). Ein TIVAD besteht aus einem Reservoir (dem Port) und einem Schlauch (dem Katheter). Der Port wird typischerweise im Brustbereich oder im mittleren Oberarm implantiert.  Der Katheter wird getunnelt, bevor er in einer zentralen Vene endet. Bei diesem Zugang befindet sich kein Teil des TIVAD außerhalb des Körpers. 

Vollständig-implantierter-zentralvenöser-Zugang
Abbildung 5 

Unterschied zwischen PICC und Midline?

Midline-Katheter, oft als lange periphere Venenkatheter (PVC) oder verlängerte Venenverweilkanüle bezeichnet, sind typischerweise zwischen acht und fünfundzwanzig Zentimeter lang. Midlines können in die peripheren Venen des Unterarms eingeführt werden, wobei die Spitze nicht über die Fossa antecubitalis hinausragt (siehe Abbildung 6). Unter Ultraschallkontrolle können Midlines auch in die peripheren Venen im mittleren Oberarm eingeführt werden (siehe Abbildung 7). Die distale Spitze des Midline Katheters endet in der Vena axillaris. Midlines werden routinemäßig für intravenöse Behandlungen verwendet, die peripher kompatibel sind und länger als fünf Tage erforderlich sind (Gorski et al. 2021).

Die Katheter-Spitzenposition ist der wichtigste Unterschied zwischen einem PICC und einem Midline-Katheter. Ein Midline bleibt ein peripherer Katheter, da die Spitze vor der Achselhöhle endet. Wohingegen der PICC ein zentraler Venenkatheter ist, der peripher eingeführt wird, weil seine Spitze im unteren SVC oder oberen rechten Vorhof endet. 

Abbildung 6 
Platzierung-des-midline-am-oberarm-1
Abbildung 7

Autor: Dr. Linda J Kelly (PhD, PgC TLHE, FHEA) International clinical Educator

Quellen:


  1. Dawson, R. B (2011) PICC Zone Insertion Method™ (ZIM™): A Systematic Approach to Determine the Ideal Insertion Site for PICCs in the Upper Arm. Journal of the Association for Vascular Access 16 (3): 156–165. 
  1. Denton, A. (2016) ‘Standards for infusion therapy’, Royal College of Nursing, p. 41  
  1. Gorski, L. Hadaaway, L. Hagle, M.E et.al. (2021) Infusion Therapy Standards of Practice, 8th Edition, Journal of Infusion Nursing: January/February 2021 – Volume 44 – Issue 1S – p S1-S224  
  1. Loveday, H.P. et al. (2014) ‘epic3: National Evidence-Based Guidelines for Preventing Healthcare-Associated Infections in NHS Hospitals in England’, Journal of Hospital Infection, 86, pp. S1–S70.  
  1. Spencer, T. R. and Mahoney, K. J. (2017) ‘Reducing catheter-related thrombosis using a risk reduction tool centered on catheter to vessel ratio’, Journal of Thrombosis and Thrombolysis. Springer US, 44(4), pp. 427–434  

Originalbeitrag: https://vascufirst.com/piccs/peripherally-inserted-central-catheters-picc-key-principles/

Schlagwörter: CVC | PICC | zentralvenöser Katheter

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