Kostenanalyse der modifizierten Seldinger-Technik (MST) zur Platzierung von neonatalen PICC-Kathetern

CAMPUS VYGON

Peripher eingeführte zentrale Katheter (PICC) bei Neugeborenen werden häufig auf neonatologischen Intensivstationen eingesetzt, um vasoaktive Medikamente und hyperosmolare Lösungen wie parenterale Ernährung zu verabreichen¹. Diese Katheter verbleiben in der Regel 2 bis 3 Wochen im Körper und spielen eine entscheidende Rolle in der Versorgung von Neugeborenen, insbesondere wenn ein intravenöser Zugang schwierig ist²,³. Die Wahl der Technik zur Platzierung des neonatalen PICC hat jedoch erhebliche Auswirkungen auf klinische Ergebnisse, Erfolgsraten und die damit verbundenen Kosten.

Techniken zur Platzierung von neonatalen PICCs

Es gibt mehrere traditionelle Methoden zur Platzierung von neonatalen PICCs bei Neugeborenen. Diese Studie konzentriert sich hauptsächlich auf eine Platzierungstechnik mit einer peelbaren Kunststoffkanüle, bezeichnet als Split-Nadel-Technik (SNT), und auf die modifizierte Seldinger-Technik (MST).

  • SNT (Split-Nadel-Technik):
  • Bei dieser Platzierungstechnik wird eine peelbare Kunststoffkanüle verwendet. Dieses Verfahren ist schnell und relativ einfach, kann jedoch mit Komplikationen wie Venenperforation und erschwertem Zugang zu kleinen Gefäßen aufgrund der großen Kanülengröße (20G) verbunden sein⁴.
  • MST (Modifizierte Seldinger-Technik): Bei dieser Platzierungstechnik wird die Vene mit einer sehr feinen Punktionskanüle (24G) punktiert, gefolgt von der Einführung eines Nitinolguides sowie einer peelbare Schleuse mit Dilatator. Anschließend wird der neonatale Katheter (1 Fr bis 2 Fr) vorgeschoben. Die MST zeigt eine höhere Erfolgsrate und erfordert weniger Venenpunktionen, was zu besseren klinischen Ergebnissen führt⁴.

MST: Eine klinische und wirtschaftliche Entscheidung

Mehrere Studien zeigen, dass die Anwendung der MST im Vergleich zur SNT erhebliche klinische Vorteile bietet, insbesondere durch die Reduzierung der Anzahl der notwendigen Punktionen für eine erfolgreiche Katheterplatzierung. Diese Verringerung  der Punktionsversuche führt zu weniger Komplikationen, reduziert den Bedarf an erneuten Eingriffen und verursacht weniger Schmerzen und Stress für den Patienten.

klinische-implikationen

Ein Artikel zur klinischen Relevanz der modifizierten Seldinger-Technik liefert weitere Einblicke in die klinischen Auswirkungen der MST.

Klicken Sie hier: https://www.vygon.de/unternehmen/blog/die-klinische-relevanz-der-modifizierten-seldinger-technik-mst-in-der-neonatologie/

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Anwendung dieser Platzierungstechnik in der klinischen Praxis zu untersuchen. Eine retrospektive Studie am St. Michael’s Hospital in Bristol, UK, verglich die Kosten von MST und SNT bei der Platzierung von neonatalen PICC-Kathetern.

Auf den ersten Blick scheint die SNT-Technik sowohl für 1Fr- als auch für 2Fr-Katheter kostengünstiger zu sein als die MST. Dieser Kostenunterschied ergibt sich hauptsächlich durch die Verwendung günstigerer Verbrauchsmaterialien⁴. Bei einer umfassenden wirtschaftlichen Analyse zeigt sich jedoch ein differenzierteres Bild⁴.

Kosten der Verbrauchsmaterialien pro Platzierungsversuch:

  • MST: £86,50 für einen 1Fr-Katheter und £103,90 für einen 2Fr-Katheter⁴
  • SNT: £38,50 für einen 1Fr-Katheter und £55,90 für einen 2Fr-Katheter⁴

Gesamtkosten pro erfolgreicher Platzierung eines neonatalen PICC-Katheters:

  • MST: £138,51
  • SNT: £134,78⁴

Gesamtkosten inkl. Lohnkosten des Fachpersonals:

  • MST: £156,41
  • SNT: £152,51⁴

Kosten im Zusammenhang mit der Platzierung eines neonatalen PICC

Kosten im Zusammenhang mit der Platzierung eines neonatalen PICC

Die wirtschaftliche Analyse zeigt, dass der Kostenunterschied zwischen den beiden Platzierungstechniken (MST & SNT) nicht signifikant ist. Wenn sowohl die Kosten für Verbrauchsmaterialien als auch die Gehälter der Fachkräfte berücksichtigt werden, liegen die Gesamtkosten pro erfolgreich platziertem neonatalem PICC bei £156,41 für MST und £152,51 für SNT⁴. Darüber hinaus kann laut einer Studie von Roland Van Rens die Bewertung der Kosteneffizienz der MST durch Lohnkostenunterschiede zwischen Einrichtungen und Ländern beeinflusst werden, was langfristig zugunsten der MST ausfallen kann³. Während die MST anfänglich etwas höhere Kosten für Verbrauchsmaterialien aufweist, reduziert das Verwenden eines Mikroseldinger-Einführbestecks bei der MST deutlich die Anzahl der notwendigen Punktionen für eine erfolgreiche Platzierung. Diese Reduktion bringt indirekte wirtschaftliche Vorteile mit sich, wie ein geringeres Risiko für Komplikationen und einen reduzierten Bedarf an erneuten Eingriffen, was letztlich die Gesamtkosten des Verfahrens optimiert⁴.

In diesem Zusammenhang bietet die Anwendung der MST nicht nur klinische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile.

Modifizierte-Seldinger-Technik-MST-vs-konventionell

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die MST zwar etwas höhere Kosten verursacht, wenn man nur die Verbrauchsmaterialien betrachtet, ihre deutlich höhere Erfolgsrate im Vergleich zur SNT diesen Unterschied jedoch ausgleicht. Bezogen auf die Kosten pro erfolgreicher Platzierung sind beide Techniken wirtschaftlich vergleichbar.

Darüber hinaus bietet die MST erhebliche klinische Vorteile: Durch die Reduzierung der notwendigen Venenpunktionen bis zur erfolgreichen Platzierung trägt sie zur Erhaltung der venösen Ressourcen bei, verringert Schmerzen bei Neugeborenen und senkt das Risiko von Komplikationen im Zusammenhang mit der Katheterplatzierung. Die Anwendung der MST verbessert die Effektivität in der neonatologischen Versorgung, ohne mit höheren Gesamtkosten verbunden zu sein.

Literaturverzeichnis


  1. Bhaskar, V., Murari, K., Addagatla, H., & Jajoo, M. (2019). PICC line placement in neonates – Importance of lateral view radiograph. JOURNAL OF PEDIATRIC CRITICAL CARE6(2), 46. https://doi.org/10.21304/2019.0602.00488
  2. Percutaneously inserted central catheter – infants: MedlinePlus Medical Encyclopedia. (s. f.). https://medlineplus.gov/ency/article/007243.htm
  3. van Rens MFPT, Hugill K, van der Lee R, Francia ALV, van Loon FHJ, Bayoumi MAA. Comparing conventional and modified Seldinger techniques using a micro-insertion kit for PICC placement in neonates: a retrospective cohort study. Front Pediatr. 2024 May 2;12:1395395. doi: 10.3389/fped.2024.1395395. PMID: 38756973; PMCID: PMC11096449.
  4. Gibb JJC, MacLeod R, Mahoney L, Elanjikal Z. Modified Seldinger technique for neonatal epicutaneo-caval catheter insertion: A non-randomised retrospective study. J Vasc Access. 2021;1-6. doi:10.1177/11297298211054637

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