Unstrittig ist der Umstand, dass sich Medizin und Pflege in Deutschland auf einem hohen Niveau befinden. Der offene Umgang mit Fehlern und die Ableitung von erforderlichen Gegenmaßnahmen ist jedoch in der Vergangenheit nur bedingt durchgeführt worden. Wegen Behandlungsfehlern, der so genannten "Wrong-Site-Surgery" im Krankenhaus sterben in Deutschland jedes Jahr etwa 17.000 Patienten.¹ Die Zahlen basieren auf ca. 50 Studien, deren Ergebnisse die Wissenschaftler in Deutschland hochrechneten. Demnach sterben 0,1 Prozent aller Krankenhauspatienten wegen vermeidbarer Fehler. Bei 17 Millionen Patienten entspricht dies 17.000 Todesfällen.
Mehr denn je existiert derzeit Handlungs- und Umsetzungsbedarf hinsichtlich einer effektiven und effizienten Risikoprävention. Ein individuelles und kollektives Lernen aus den Zwischenfällen ist erforderlich um die Qualität der Arbeit in den Krankenhäusern durch eine gezielte Reduktion von Fehlern, sowie das Bemühen, aus Fehlern zu lernen steigern zu können.

Die Bemühungen kontinuierlich die Sicherheit und Qualität medizinischer Leistungen zu erhöhen, gefördert durch objektive und unabhängige Institutionen wie das Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V., sowie die klinikinternen Anstrengungen des Qualitätsmanagements durch die Einführung von Warnmeldesystemen (CIRS - Critical Incident Reporting System) bestätigen, dass der Fokus auf die Sicherheit des Patienten weiter intensiviert wird.
Auch bei der enteralen Ernährung genießt Sicherheit einen hohen Stellenwert. Die Ernährung eines Patienten ist ein wichtiger Bestandteil im Gesamtkonzept der medizinischen Behandlung. Die Patientensicherheit hat einen hohen Stellenwert.
Mit der Weiterentwicklung ernährungstherapeutischer Verfahren stehen heut effektive Methoden für eine kurz-, mittel- und langfristige Ernährungstherapie zur Verfügung, die enteral und parenteral durchgeführt werden können. Diese Methoden sind jedoch anfällig für Gefahren. Eine Verwechslung der enteralen und parenteralen Ernährung kann katastrophale Folgen nach sich ziehen und zum Tod des Patienten führen.
Besonders in der Neonatologie und Pädiatrie ist eine versehentliche Verwechslung der Anschlüsse potentiell lebensgefährlich. Es besteht erhöhtes Risiko durch:
Räumliche Nähe: Frühgeborene haben sowohl Katheter zur enteralen Ernährung, als auch intravenöse Zugänge. Die Anschlüsse liegen sehr nah beieinander.
- Hoher apparativer Aufwand: Die Gabe der enteralen Ernährung sowie die Applikation von IV-Medikamenten wird oftmals über Spritzenpumpen gesteuert. Die Vielzahl der eingesetzten Pumpen erhöht die Verwechslungsgefahr.
- Ähnlilche Applikationsformen: Lipide zur IV-Applikation unterscheiden sich optisch kaum von der Ernährungsmilch. Oftmals werden die gleichen Luer-Spritzen zur Verabreichung von enteraler Ernährung und IV- Medikation eingesetzt.
- Tag-/Nachtrhythmus: Um die jungen Patienten an den Tag- /Nachtrhythmus zu gewöhnen, wird zur Nachtzeit das Licht gedämmt. Das Pflegepersonal muss unter schlechten Lichtverhältnissen ihr Arbeit fortführen
Neben den genannten Ursachen können noch andere Faktoren das Risiko einer Verwechslung erhöhen. Stresssituationen auf der Station, die Durchführung der Ernährung durch die leiblichen Eltern, sowie Schichtwechsel und die damit verbundene Weitergabe der Behandlung sind nicht zu unterschätzende Risikofaktoren.
Das Risiko einer Fehlapplikation wurde als Empfehlung durch die DIN EN 1615:2000 folgendermaßen verbindlich formuliert:1
„Es ist sehr wichtig, dass es nicht möglich ist, enterale Überleitungsgeräte mit parenteralen, intravasalen Kathetern oder einem anderen Katheter mit weiblichen Luer-Verbindungsstück zu verbinden."
Quellen
(1) Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN EN 1615:2000, unter: http://www.din.de (Stand 2012)